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Geschontes Vermögen bei Bürgergeld für (Ex-) Selbstständige höher als die bekannten 15.000 / 40.000 EUR

Allgemein bekannt ist, dass 40.000 EUR Vermögen im ersten Jahr und 15.000 EUR ab dem zweiten Jahr, sowie ein „angemessenes“ Auto, als auch eine selbst genutzte Immobilie beim Bürgergeld-Bezug nicht angerechnet werden.

Viel weniger bekannt ist, dass Personen, die hauptberuflich selbstständig waren (oder noch sind), deutlich mehr Schonvermögen haben dürfen.

Was für Menschen, die immer angestellt waren, wie eine Bevorzugung Selbstständiger klingt, ist lediglich eine Erleichterung für die Gruppe der Selbstständigen, die oftmals mangels Arbeitgeber naturgemäß zu wenig in die staatliche Rentenversicherung eingezahlt haben.

Es gibt also keinen Grund, die häufig armutsgefährdeten Selbstständigen zu beneiden.

P.S.: Neben der Rente gibt es beim Thema „Pflichtversichert in die Krankenversicherung der Rentner“ noch eine weitere gravierende Kostenfalle, die vor allem Selbstständige betrifft.

Also, nur kein Neid; Selbstständigen wird in Deutschland eher nicht der rote Teppich ausgerollt, auch wenn sie beim Thema dieses Artikels mal unerwartet positiv abschneiden.

Schonvermögen für Altersvorsorge bei Selbstständigen

Das – neben der Höhe – Interessanteste vorneweg: Dieses zusätzliche Schonvermögen, oder genauer: überhaupt nicht angerechnete Vermögen – für ehemalige oder aktuelle Selbstständige ist NICHT an Versicherungsprodukte und ähnliches gebunden.

Dieses für Bürgergeld nicht berücksichtigte Vermögen können Sie also in jeglicher Form halten, als Bargeld, Gold, Aktien, Bitcoins, ETFs oder auch als nicht selbst genutztes, also vermietetes Immobilieneigentum.

Etwaiger Gewinn durch Mieteinnahmen würde schon angerechnet werden, genauso wie Dividenden oder ein durch Kurssteigerungen erfolgtes Überschreiten der im Folgenden noch zu beschreibenden, maximalen Höhe dieses nicht berücksichtigten Vermögens. Hier geht es nicht um laufende Einnahmen, sondern um bestehendes Vermögen.

Wir halten also fest: Bürgergeldbezieher, die jahrelang hauptberuflich selbstständig waren oder noch sind, können zusätzlich zu den bekannten 40.000 EUR (1.Jahr) und 15.000 EUR (ab 2. Jahr) noch zusätzliches Vermögen haben, welches nicht angerechnet wird.

Die Höhe dieses nicht angerechneten Vermögens kann – Stand Sep 2024 – mehr als 400.000 EUR betragen.

Höhe des zusätzlichen, nicht angerechneten, „freihändig“ angelegten Vermögens bei (Ex-) Selbstständigen

Die Höhe des Vermögens, das bei ehemaligen oder derzeitigen hauptberuflichen Selbstständigen nicht angerechnet wird, richtet sich nach der Anzahl der Jahre in Selbstständigkeit und berechnet sich wie folgt:

[¹] (Anzahl der angefangenen Jahre hauptberuflicher Selbständigkeit, in denen keine Beiträge an die gesetzliche Rentenversicherung, an eine öffentlich-rechtliche Versicherungseinrichtung oder an eine Versorgungseinrichtung einer Berufsgruppe entrichtet wurden)

X (multipliziert mit)

[²] (Beitragssatz zur allgemeinen Rentenversicherung nach § 158 des Sechsten Buches SGB)

X (multipliziert mit)

[³] (Durchschnittsentgelt gemäß Anlage 1 des Sechsten Buches SGB)

Quelle: SGB II, Kapitel 2, §12, Absatz 1, Satz 4: https://dejure.org/gesetze/SGB_II/12.html

Erläuterungen zur Berechnung

[¹] Anzahl angefangener Jahre ohne Zahlungen in die Rentenversicherung: Hier geht es um die staatliche Rentenversicherung und gleichwertiges; Zahlungen in eine private Rentenversicherung wären also nicht schädlich, und das betreffende Jahr würde gezählt werden.

[²] Beitragssatz Rentenversicherung (zum Zeitpunkt des Bürgergeld-Antrags): Dieser beträgt derzeit 18,6 Prozent (Stand 2024).

[³] Durchschnittsentgelt nach Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung (zum Zeitpunkt des Bürgergeld-Antrags): Dieses beträgt 45.358 EUR (Stand 2024). Es geht hier nicht um die individuellen Einkünfte des Selbstständigen, sondern einen allgemein gültigen, statistischen Wert.

Beispielrechnung

Die Höhe des nicht angerechneten Vermögens richtet sich nach der Anzahl der „angefangenen Jahre ohne Zahlungen in die staatl. Rentenversicherung“. In der folgenden Tabelle haben wir das für 5, 10, 20, 30 und 45 Jahre (… als Selbstständiger ohne Renteneinzahlungen) berechnet:

* angefangene Jahre als hauptberuflich Selbstständiger, in denen nichts in staatliche / öffentlich-rechtliche Rentenversicheurngen eingezahlt wurde
Jahre * Beitragssatz Rentenversicherung (2024) Durchschnittsgehalt lt. Tabelle (2024) Nicht angerechnetes Vermögen
5 18,6 % 45.358 EUR 42.183 EUR
10 18,6 % 45.358 EUR 84.366 EUR
20 18,6 % 45.358 EUR 168.732 EUR
30 18,6 % 45.358 EUR 253.098 EUR
45 18,6 % 45.358 EUR 379.646 EUR

Man könnte auch sagen: Für jedes angefangene Jahr unter den oben beschriebenen Voraussetzungen sind 45.358 EUR x 18,5% = 8.436,59 EUR als nicht anzurechnendes Vermögen erlaubt.

Vorausetzungen

Hier noch einmal die Voraussetzungen für Vermögen, das bei Bürgergeld nicht angerechnet wird:

  • Es geht hier nicht um das Schonvermögen von 40.000 EUR im ersten und 15.000 EUR in Folgejahren, sondern um Beträge, die überhaupt nicht berücksichtigt werden. Diese 40 bzw. 15 TEUR kämen also noch „obendrauf“, als zusätzlich geschütztes Vermögen, nachdem das nicht berücksichtigte Vermögen, um das es hier geht, bereits vom Gesamtvermögen abgezogen ist.
  • Ebenfalls „on top“ kämen laut Gesetzestext „ein selbst genutztes Hausgrundstück mit einer Wohnfläche von bis zu 140 Quadratmetern oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von bis zu 130 Quadratmetern“. Eine solche Immobilie würde also – zusätzlich – nicht angerechnet werden.
  • Auch ein angemessenes Auto würde nicht angerechnet werden, und zwar je ein Auto für jede in der Bedarfsgemeinschaft lebende erwerbsfähige Person. Die Angemessenheit wird laut Gesetzestext „vermutet, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag erklärt.“
  • Es geht hier laut Gesetzestext um „Vermögensgegenstände, unabhängig von der Anlageform“: Sie können dieses Vermögen also bar, in Aktien, ETFs, Gold, Anleihen, vermieteten Immobilien oder anderweitig halten.
  • Es geht hier um Vermögen, dass Sie, laut Gesetzestext, „als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet“ haben. Es reicht also, dass Sie das betreffende Vermögen als Rücklage für Ihre Altersvorsorge bezeichnen. Wie gesagt, muss das Geld nicht in Riester, Rürup und ähnlichem gebunden sein.
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