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Kaufpreisaufteilung beim Immobilienkauf

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Wenn ein bebautes Grundstück gekauft wird, ist es entscheidend, den Kaufpreis korrekt zwischen Gebäude („abschreibungsfähig“) und Boden („nicht abnutzbar“) aufzuteilen.

Diese Aufteilung hat steuerliche Folgen, insbesondere für die AfA (Absetzung für Abnutzung).

Warum eine Kaufpreisaufteilung?

Beim Immobilienerwerb setzen sich die Anschaffungskosten aus Gebäudewert und Bodenwert zusammen.

Nur der Gebäudeanteil darf steuerlich über die AfA abgeschrieben werden (§ 7 Abs. 4–5b EStG). Der Bodenwert ist nicht abnutzbar und daher nicht abschreibungsfähig.

Eine fehlerhafte Aufteilung führt zu falscher Steuerbelastung – häufig zu niedrigeren Abschreibungen.

Gesetzliche und gerichtliche Grundlagen

BFH-Rechtsprechung

  • Restwertmethode verboten: Der BFH entschied am 10.10.2000 (Az. IX R 86/97), dass der Preisanteil nicht nach Restwertmethode, sondern gemäß dem Verhältnis der Verkehrswerte getrennt zu ermitteln ist.
  • Vertragliche Aufteilung anerkannt: Laut BFH vom 16.09.2015 (Az. IX R 12/14) darf das Finanzamt eine notarielle Kaufpreisaufteilung nur bei wirtschaftlich unbegründeten Werten ablehnen.

Finanzgerichtliche Entwicklung

Finanzgerichte stellen inzwischen klare Grenzen für zulässige Abweichungen fest:

  • FG Berlin–Brandenburg: Abweichungen über 20 % vom Bodenrichtwert reichen aus, um eine vertragliche Aufteilung abzulehnen (Urteil vom 20.03.2024, Az. 3 K 3137/19)
  • FG München: Abweichungen unter 10 % gelten als unbedenklich (10.04.2024, 12 K 861/19)
  • FG Münster und Düsseldorf bewerten Abweichungen von 30 % bzw. doppelte Gutachterwerte kritisch

BMF-Arbeitshilfe – Was ist das?

Das Bundesfinanzministerium (BMF) stellt eine kostenfreie Excel-Arbeitshilfe inkl. Anleitung bereit (Stand: Januar 2025). Sie ermöglicht:

  • Typisierte Kaufpreisaufteilung nach Vergleichswert-, Ertragswert- oder Sachwertverfahren.
  • Plausibilitätsprüfung bestehender Teilungen.
  • Anleitung zur korrekten Berechnung der Einzelwerte.

Zur BMF-Arbeitshilfe (Excel & Anleitung)

Verwendete Verfahren in der Arbeitshilfe

Vergleichswertverfahren

Für Ein-/Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen, sofern Vergleichsfaktoren vorliegen (z. B. €/m²), lassen sich Boden- und Gebäudewert daraus ableiten

Ertragswertverfahren

Bei Mietgrundstücken oder wenn Vergleichswerte fehlen, wird nach § 28 ImmoWertV das Ertragswertverfahren angewendet. Neben Mietüberschüssen werden Bodenrichtwert, Liegenschaftszins, Baukosten berücksichtigt.

Sachwertverfahren

Als Reserveverfahren kommt das Sachwertverfahren (nach §§ 35 ff. ImmoWertV) zur Anwendung, insbesondere bei gemischt genutzten Grundstücken oder fehlenden Vergleichs-/Ertragsdaten

Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Berechnung

  1. Objektdaten eingeben (Adresse, Fläche, Baujahr, Ausstattung).
  2. Vergleichsfaktoren/Liegenschaftszins/Bodenrichtwert eintippen.
  3. Wertverfahren wählen (Vergleichs‑, Ertrags‑ oder Sachwert).
  4. Vorläufige Einzelwerte berechnen.
  5. Teilverhältnis berechnen und Gesamtpreis aufteilen:
    • Gebäudeanteil = (Gebäudewert / Summe Werte) × Kaufpreis
    • Bodenanteil = (Bodenwert / Summe Werte) × Kaufpreis

Beispielrechnungen

Beispiel: Vergleichswertverfahren

Angaben:

  • Grundstücksgröße: 1.200 m²
  • Bodenrichtwert: 550 €/m²
  • Wohnfläche: 120 m²
  • Vergleichsfaktor: 2.880 €/m²
  • Gesamtkaufpreis: 600.000 €

Rechnung:

Bodenwert = 1.200 × 550 = 660.000 €
Gebäudewert = 120 × 2.880 = 345.600 €
Summe = 1.005.600 €
Gebäudeanteil = 345.600 / 1.005.600 = 34,36 % → 206.160 €
Bodenanteil = 660.000 / 1.005.600 = 65,64 % → 393.840 €
  	

Beispiel: Sachwertverfahren (vereinfacht)

  • Normalherstellungskosten: 1.800 €/m²
  • Baupreisindex-Faktor: 1,10
  • Altersabschlag: (80 – 30)/80 = 62,5 %
  • Wohnfläche: 150 m²
  • Bodenfläche 500 m², Bodenrichtwert 300 €/m²
  • Gesamtkaufpreis: 500.000 €

Berechnung:

Gebäudeherstellungskosten:
1.800 × 1,10 = 1.980 €/m²
  × 62,5 % = 1.237,50 €/m²
  × 150 m² = 185.625 €
Bodenwert = 500 × 300 = 150.000 €
Summe = 335.625 €
Gebäudeanteil = 55,28 % → 276.400 €
Bodenanteil = 44,72 % → 223.600 €
  	

Risiken, Gerichtsurteile & Kritik

  • BMF-Arbeitshilfe gerichtlich geprüft: FG Berlin–Brandenburg hält sie grundsätzlich geeignet, jedoch wurde fachliche Kritik im BFH-Verfahren IX R 26/19 laut Jacoby (2020) erhoben.
  • Verfahrensvereinfacheung vs. Genauigkeit: Die Arbeitshilfe arbeitet mit pauschalen Modellannahmen, wodurch regionale Besonderheiten unterrepräsentiert sein können.
  • Gerichtliches Prüfverfahren: Bei Abweichung von mehr als 20 Prozent vom Bodenrichtwert können Finanzamt oder Gerichte eine führende Rolle spielen.

Tipps für die Praxis

  • Kaufpreisaufteilung bereits im Notarvertrag vereinbaren (BFH 2015)
  • Aktuelle Bodenrichtwerte nutzen (Gutachterausschüsse oft online verfügbar)
  • Liegt eine Abweichung von mehr als 10 bis 20 % vom Bodenrichtwert vor, kann ein Gutachten sinnvoll sein
  • Arbeitshilfe zur Plausibilitätsprüfung verwenden (CSV & Excel → siehe BMF)
  • Eigenanteil durch Ertrags- oder Sachwertverfahren plausibel begründen

Im Zweifel individuelles Gutachten

Die Kaufpreisaufteilung trennt Gebäude (abschreibbar) und Boden (nicht abschreibbar), damit die AfA-Bemessung korrekt erfolgt. Gesetzgeber und BFH fordern wertorientierte Verfahren – nicht nur Restwert. Die BMF-Arbeitshilfe stellt ein hilfreiches Standard-Tool dar; sie ersetzt aber im Zweifelsfall ein individuelles Gutachten nicht. Um steuerliche Nachteile zu vermeiden, lohnt sich: notarielle Aufteilung, aktuelle Daten, Prüfung per Arbeitshilfe – und gegebenenfalls ein externes Gutachten.

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