Spekulationssteuer und Spekulationsfrist bei Immobilien
Spekulationssteuer ist ein umgangssprachlicher Begriff für die – ganz gewöhnliche – Einkommenssteuer auf Gewinne aus privaten Veräußerungsgeschäften. Diese Steuer entfällt, wenn das Wirtschaftsgut vor dem Verkauf erst eine bestimmte Zeit lang gehalten wurde. Diese Wartezeit bis zur Erlangung der Steuerfreiheit wird Spekulationsfrist genannt.
Ein Veräußerungsgeschäft findet zudem nur dann statt, wenn ein Wirtschaftsgut verkauft wird. Verkaufen Sie dagegen einen Gegenstand des täglichen Gebrauchs, handelt es sich nicht um ein Veraußerungsgeschäft und somit fällt keine Spekulationssteuer an.
Wirtschaftsgut oder Gegenstand des täglichen Gebrauchs?
Als Wirtschaftsgut zählen wertvolle Gegenstände, die kein Gegenstand des täglichen Gebrauchs sind: Antiquitäten, Gold, Kunst, Edelsteine, Sammlerstücke.
Anläßlich eines Urteils zum Verkauf von Fußball-Eintrittskarten hat der Bundesfinanzhof festgestellt:
Gegenstände des täglichen Gebrauchs sind Wirtschaftsgüter, die üblicherweise zur Nutzung angeschafft werden. Das Wirtschaftsgut darf keine Eignung zur Einkünfteerzielung besitzen. Besitzt ein Wirtschaftsgut eine Nutzungs- und eine Wertsteigerungskomponente muss man darauf abstellen, ob eine Eignung zur Wertsteigerung vorliegt, also ob derartige Gegenstände auch als Wertanlage angeschafft werden. Eine Eintrittskarte ist kein Gegenstand des täglichen Gebrauchs, sondern vielmehr nur zur einmaligen Nutzung an einem bestimmten Tag geeignet. Da die Nachfrage bei Champions League Finalkarten das Angebot extrem übersteigt, handelt es sich um Gegenstände, die von vielen als Spekulationsobjekt mit garantiertem Gewinn angeschafft werden. Der Schwarzmarkt ist diesbezüglich riesig. Somit ist eine Wertsteigerungskomponente gegeben.“
Zum Thema „täglicher Gebrauch“ hat der Bundesfinanzhof übrigens in einem anderen Urteil sinngemäß gesagt, dass eine Nutzung an jedem Tag nicht notwendig ist, damit etwas als Gegenstand des täglichen Gebrauchs gilt.
Wenn Sie gebrauchte Möbel, Kleidung oder Ihr gebrauchtes Auto verkaufen, werden Sie kaum jemals Gewinn, also einen höheren Verkaufspreis als den ursprünglichen Neupreis, erzielen.
Wären auch diese Gegenstände des täglichen Gebrauchs beim Verkauf der Einkommenssteuer („Spekulationssteuer“) unterworfen, würde sich meist ein Verlust ergeben, den man dann konsequenterweise von der Steuer absetzen könnte.
Daher ist es nicht verwunderlich, dass die Steuergesetzgebung die Alltagsgegenstände lieber gleich ganz ausschließt, um hier ein Verlustgeschäft für den Staat zu vermeiden.
Art des Gegenstands | Wirtschaftsgut | Gegenstand des täglichen Gebrauchs |
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Bei Verkauf: | Veräußerungsgeschäft | Kein Veräußerungsgeschäft |
Spekulationssteuer | Ja | Nein |
Beispiele | Kunst, Antiquitäten, Edelmetalle- und -steine, Briefmarken und Münzen, Sammlerstücke | Kleidung, Möbel, Auto, Fahrrad, Motorrad, Werkzeug, Einrichtungsgegenstände |
Unterschiedliche Spekulationsfristen bei Immobilien und anderen Wirtschaftsgütern
Bei Immobilien beträgt die Spekulationsfrist 10 Jahre.
Bei anderen Wirtschaftsgütern beträgt sie 1 Jahr.
Der Verkauf von Aktien und anderen Wertpapieren gilt nicht als Veräußerungsgeschäft, sondern als Einkünfte aus Kapitalvermögen, für die stattdessen – ohne Spekulationsfrist – Kapitalertragssteuer fällig wird.
Spekulationsfrist: 10 Jahre | Spekulationsfrist: 1 Jahr | Keine Spekulationsfrist (dafür Kapitalertragssteuer / Abgeltungssteuer *) |
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Bei Vererbung und Schenkung läuft die bestehende Spekulationsfrist weiter
Für Immobilienerben oder mit einer Immobilie Beschenkte gilt die Spekulationsfrist, die der Erblasser oder Schenker beim Kauf der Immobilie gestartet hat, weiter.
Beispiel: Der Erblasser hat das Objekt vor 7 Jahren gekauft und vererbt es nun. Die Erben können die Immobilie nach 3 Jahren steuerfrei verkaufen, da die zehnjährige Spekulationsfrist dann (7 Jahre + 3 Jahre) abgelaufen ist.
Veräußerungsgewinn berechnen
Der Veräußerungsgewinn ist nicht einfach die Differenz aus Verkaufspreis und Kaufpreis. Sie können diesen Differenzbetrag um weitere Beträge kürzen, um schließlich den steuerlich relevanten Veräußerungsgewinn zu erhalten.
Makler- und Notarkosten und weitere mit dem Verkauf in Zusammenhang stehende Kosten können Sie vom Veräußerungsgewinn abziehen.
Ausnahmen von der Immobilien-Spekulationsfrist
Neben der – aus Verkäufersicht – negativen Besonderheit bei Immobilien, dass hier die Spekulationsfirst 10 statt nur 1 Jahr beträgt, gibt es auch positive Regelungen.
Bei Immobilien entfällt die Spekulationssteuer auch innerhalb der Spekulationsfrist, also bei einem Verkauf weniger als 10 Jahre nach Kauf, wenn:
- Der Verkäufer die Immobilie im Jahr des Verkaufs sowie in den zwei vorvergangenen Jahren selbst bewohnt hat. Dabei reicht es, wenn Sie die Immobilie im Jahr des Verkaufs einen Tag, im Vorjahr durchgehend und im zweiten Jahr vor Verkauf einen Tag bewohnt haben. Das hat der Bundesfinanzhof 2019 so entschieden:
…unschädlich, wenn der Steuerpflichtige das Immobilienobjekt ‑‑zusammenhängend‑‑ im Veräußerungsjahr zumindest an einem Tag, im Vorjahr durchgehend sowie im zweiten Jahr vor der Veräußerung zumindest einen Tag lang zu eigenen Wohnzwecken genutzt hat.
Möglich wäre also, die Immobilie am 31.21.2024 selbst zu bewohnen, dann das ganze Jahr 2025 hindurch, und schließlich noch am 1.1.2026. Ab 2.01.2026 könnten Sie Immobilie dann gut 11 Monate, bis kurz vor Jahresende 2026, vermieten und sie kurz vor Silvester 2026 verkaufen. Die Steuerfreiheit wäre gegeben.
Höhe der Spekulationssteuer
Der Veräußerungsgewinn wird Ihrem Arbeitseinkommen im betreffenden Jahr hinzugerechnet. Die Steuer bemißt sich nach Ihrem persönlichen Steuersatz.
Einkommen | 60.000 EUR |
Veräußerungsgewinn aus Immobilienverkauf | 117.000 EUR |
Gesamteinkünfte | 177.000 EUR |
In obigem Beispiel müssen Sie im Jahr des Immobilienverkaufs so viel Einkommenssteuer, Soli und ggf. Kirchensteuer zahlen wie jemand, der brutto 177.000 EUR verdient hat. Die Höhe der Spekulationssteur ist also individuell unterschiedlich und hängt vom persönlichen Steuersatz ab.
Der persönliche Steuersatz wiederum hängt vom zu versteuernden Gesamteinkommen, der Steuerklasse, dem Familienstand und der Kinderzahl ab.
Eine Beispielrechnung inklusive der Auswirkungen auf Sozialabgaben finden Sie weiter unten.
Auswirkungen des Veräußerungsgewinns auf Sozialabgaben
Wenn der Veräußerungsgewinn steuerpflichtig ist, müssen freiwillig gesetzlich Krankenversicherte im Jahr des Verkaufs für alle 12 Monate auch Krankenkassenbeiträge bis zur Beitragsbemessungsgrenze zahlen (Landessozialgericht Baden-Würtemberg).
Für Pflichtversicherte gilt dies nicht. Die Bemessungsgrundlage unterscheidet sich hier deutlich zwischen Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten. Bei freiwillig Versicherten werden raumgreifend vielerlei Einkünfte herangezogen.
Private Immobilienverkäufer sollten gegebenenfalls im Jahr des Verkaufs keine freiwillige gesetzliche Krankenversicherung haben, wenn sie diese Kosten vermeiden wollen.
Bei der freiwilligen Rentenversicherung ist dies nicht relevant, da hier die Beitragshöhe ohnehin vom Versicherten gewählt wird und man als Gegenleistung Rentenpunkte in Relation zu den gezahlten Beiträgen erhält.
Im Gegensatz dazu erhält man bei der gesetzlichen Krankenversicherung mit höheren Beiträgen nicht mehr Leistung.
Auch für die freiwillige Arbeitslosenversicherung ist die Spekulationssteuer nicht relevant, da hier ein fester, vom Einkommen und sonstigen Gewinnen unabhängiger Pauschalbetrag gezahlt wird.
Berechnung der Spekulationssteuer inklusive Krankenversicherung
Für Pflichtversicherte in der Krankenversicherung, also die Mehrheit, erhöht der Veräußerungsgewinn nicht die Bemessungsgrundlage für die Krankenversicherung. Für freiwillig Versicherte hingegen schon:
Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung beträgt 62.100 EUR (Stand 2024).
Das heißt, dass dem freiwillig krankenversicherten Immobilienverkäufer erst dann zusätzliche Kosten entstehen, wenn er ohne die zusätzlichen Einnahmen aus dem Veräußerungsgewinn noch unter der Beitragsbemessungsgrenze gewesen wäre.
Verdienen Sie als freiwillig Krankenversicherter bereits ohne den Veräußerungsgewinn mehr als 62.100 EUR pro Jahr, dann führt der Veräußerungsgewinn nicht zu höheren Krankenversicherungsbeiträgen.
Daher nutzen wir in nachfolgendem Beispiel ein Einkommen von deutlich weniger als 62.100 EUR.
Beispiel: 30 Jahre, keine Kinder, Steuerklasse 1, keine Kirchensteuer. Werte gerundet:
Angestellter, pflichtversichert | Selbstständig, freiwillig krankenversichert | |
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Bruttoeinkommen (Lohn oder selbstständig) | 50.000 EUR | 50.000 EUR |
Steuern (ohne Veräußerungsgewinn) | 7.177 EUR | 7.177 EUR |
Kranken- u. Pflegevers. (ohne Veräußerungsgewinn) | 5.225 EUR | ca. 10.450 EUR (Selbstständige müssen auch den Arbeitgeberanteil zahlen) |
Veräußerungsgewinn * | 100.000 EUR | 100.000 EUR |
Steuern (inklusive Veräußerungsgewinn) | 48.191 EUR | 48.191 EUR |
Kranken- u. Pflegevers. (inklusive Veräußerungsgewinn) | 5.225 EUR (statt 6.490 EUR – Bei Pflichtversicherten erhöht der Veräußerungsgewinn nicht die Bemessungsgrundlage) | 12.979 EUR (Höchstsatz, da Gesamteinkünfte von ca. 150.000 EUR weit über Beitragsbemessungsgrenze von ca. 62.100 EUR) |
Spekulationssteuer | 48.191 EUR – 7.177 EUR = 41.014 EUR | 48.191 EUR – 7.177 EUR = 41.014 EUR |
Wie Sie der obigen Berechnung entnehmen können, steigen für den freiwillig gesetzlich Krankenversicherten die Beiträge von 10.450 auf 12.979 EUR und damit um circa 2.500 EUR.
Die Spekulationssteuer in Höhe von 41.014 EUR für einen Veräußerungsgewinn von 100.000 EUR ist für Angestellte und Selbstständige gleich.
Achtung, die Spekulationssteuer liegt nicht immer bei circa 41%, wie in obigem Beispiel. Verdient der Verkäufer, zum Beispiel, bereits ohne Veräußerungserlös circa 280.000 EUR und mehr pro Jahr, so unterliegt weiteres Einkommen, so auch Veräußerungsgewinne, bereits ab dem ersten Euro dem sogenanten Reichensteuersatz von 45%.